Achtsamkeit im Papa-Alltag

Achtsamkeit gepaart mit aktiver Vaterschaft: Woche für Woche sieht man die Papas der Nation mit ihren Kindern in den zahlreichen Yoga- und Pekipkursen. Hier fühlen sich Männer und Kinder so richtig wohl und nichts ist dabei so wichtig, als lang und breit über die Gefühle zu sprechen, die alle Beteiligten bei der jeweiligen Übung empfunden haben. Also nichts wie los und auch dabei sein. Mittlerweile hat die Männerwelt alten Tugenden und Werten abgeschworen und ihr Lebensmodell komplett verändert.

Dem ist natürlich nicht wirklich so. Als Männer haben wir in der Regel weder Zeit noch Lust, uns mit Gurus und den tiefgreifenden Fragen zu beschäftigen, die hier so langatmig thematisiert werden. Nicole Morales, Gründerin von Achtsames Abenteuer, erläutert in ihrem Gastbeitrag, was Achtsamkeit im Alltag bedeutet und wie vor allem Väter sie im Zusammenspiel mit ihren Kindern spielerisch anwenden.

Achtsamkeit für Kinder

Das Thema Achtsamkeit in der Erziehung und im Umgang zwischen uns Menschen ist in den letzten Jahren immer mehr in das Bewusstsein geraten. So auch bei Papas und Mamas.

Doch wenn es sich hierbei um einen wichtigen Teil der Erziehung handelt, wieso ist in unserer Wahrnehmung weiterhin hauptsächlich die Mutter im Umgang mit dem Kind diejenige, die wichtige Werte vermittelt und auf einen achtsamen Umgang mit sich selbst und mit anderen Menschen eingeht? Ist es nicht längst an der Zeit, dass auch die Väter eben jenen Umgang fördern und ihn in die Rolle des Mannes einbetten, die gerade bei Jungen einen nicht wegzudiskutierenden Stellenwert hat?

Dieser Beitrag soll aufzeigen, dass es schon mit kleinen Schritten möglich ist, diesem Anspruch gerecht zu werden und im Papa-Alltag für mehr Achtsamkeit zu sorgen und eine Selbstverständlichkeit dafür zu entwickeln.

Reflexion und Emotion gehören zum Spiel und zur Entwicklung

Selbstverständlich ist es möglich, in kooperativen Spielen und in angelegten Übungen das Thema Achtsamkeit für Kinder ins Visier zu nehmen. Immer noch gibt es in Teilen der Gesellschaft das Vorurteil, dass Papas an bestimmten Kursen und Übungen eher nicht mit ihrem Nachwuchs teilnehmen und dass die Teilnahme für die Kinder eher eine Schwäche bedeutet.

Wer sich mit dem achtsamen Umgang mit anderen Menschen und vor allem auch mit sich selbst auseinandergesetzt hat, der weiß genau, wie gewinnbringend es für Jungen und Mädchen ist, bestimmte Vorgehensweisen und Handlungen verinnerlicht zu haben.

Es drängt sich in diesem Zusammenhang die Frage auf, ob es überhaupt notwendig ist, im ersten Schritt als Papa den Weg in einen Kurs und in Programme zu finden, die hier aufgrund der Wahrnehmung von außen noch eine gewisse Überwindung darstellen. Stattdessen scheint es bei einem Grundverständnis für das Thema doch möglich zu sein, auch in täglichen Spielen bereits Achtsamkeit im Alltag zu fördern.

Achtsamkeit im Alltag - Vater macht mit Sohn Fistbump
Achtsamkeit zwischen Vater und Kind im gemeinsamen Spiel

Die allerwichtigste Voraussetzung ist es, dass wir Papas uns Zeit nehmen, um überhaupt ins tiefe Spiel mit unseren Kindern zu kommen und uns in die Welt hineinversetzen, die so oft nur von Kindern wirklich wahrgenommen und verstanden werden kann.

Dass die Reflexion über Gefühle eine wichtige Rolle bei der Werteerziehung und beim Thema Achtsamkeit spielt, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Es erleichtert Kindern und Papas den Einstieg in die Thematik, wenn die Möglichkeit besteht, auch in klassischen ,,Jungsspielen“ und beim Raufen achtsam zu agieren.

Oftmals handelt es sich bei Kindern hier um Rollenspiele. Wie leicht fällt es da eigentlich, mit ein wenig Fantasie auch nach dem Kampf, dem Wettbewerb oder dem Spiel noch auf die Gefühle der Protagonisten einzugehen. Wie hat sich Tom denn nach dem Sieg gefühlt und hat der Unterlegene ihm noch gratuliert? Haben sich beide in der Situation als gute Gewinner und Verlierer präsentiert? Wie fühlt sich die Situation im Nachgang für sie an? Auch ohne den klaren Hinweis, dass nun reflektiert wird, kann dies integriert im Spiel gelingen.

Emotionen benennen und zulassen

Die Zeiten, in denen es unter Jungs und Männern en vogue war, über Gefühle und Emotionen nicht zu sprechen, sondern in jeder Situation Stärke demonstrieren zu müssen, scheinen glücklicherweise immer mehr vorbei zu sein.

Trotzdem ist es vielen Heranwachsenden, vor allem den Jungen unter ihnen, noch immer ein Anliegen, Stärke und Kraft als Wert für sich in Anspruch zu nehmen. Es ist nicht notwendig, dies aus den Jungen und auch aus einigen Mädchen als Wert an sich “herauszuerziehen”.

Stattdessen kann es immer wieder Thema sein, zu benennen, wieso es denn so ein wichtiger Wert für sie ist.

Weiterhin vertrauen die jungen Heranwachsenden sich dem Papa vielleicht besonders gerne an, wenn es um die Frage geht ,,Was bedeutet stark sein eigentlich?“ Dabei werden wir gemeinsam schnell auf die klar vor uns liegende Richtung gelangen, dass es eher stark ist, über Gefühle sprechen zu können, diese zuzugeben und diese auch zu teilen.

Die stärkste Position wird dann erreicht, wenn dabei auch Gefühle anderer Menschen immer mit beachtet werden. Nicht vergessen dürfen Papas dabei, dass sie selbstredend die größten Vorbilder dieses Themenfeldes sein. ,,Gelingt es Papa selbst, über seine Gefühle zu sprechen und schafft er es, achtsam mit seiner Familie zu sein“, ist die Frage, die in der Beobachtung allgegenwärtig ist.

Mit kleinen Schritten zum Erfolg

Es sollte nicht auch, sondern gerade von väterlicher Seite immer wieder am Thema Achtsamkeit im Alltag gearbeitet werden. Wie schon erwähnt müssen wir dafür nicht alles umstrukturieren, zahlreiche Kurse besuchen und nun jedes Spiel im Vorfeld überprüfen, ob auch alle Werte und Achtsamkeit Richtlinien vom Grunde auf erfüllt sind.

Kann es nicht ganz praktisch das Fußballspiel sein, dass der Sohn gegen den Vater im Garten spielt, wie so häufig gewinnt und bei dem der Papa im Rahmen der Niederlage freundlich auf ihn zugeht, um ihm zu gratulieren.

Achtsamkeit - Vater spielt mit Sohn im Garten Fußball
Achtsamkeit im Alltag

Die meisten Papas werden ihre Söhne und Töchter durchaus in einer gewissen Anzahl Spiele gewinnen lassen, aber nun doch nicht immer. Gelingt es schon, ebenso mit einer Niederlage umzugehen und sehen sie nun, wie Papa ganz ohne Spott bekräftigt, dass der Nachwuchs dennoch auch gut gespielt hat? Dies ist in der Praxis ein Schritt auf dem Weg in Richtung Achtsamkeit.

Respekt und Wertschätzung gegenüber dem Kontrahenten, dem Freund und demjenigen, der anderer Meinung ist, können so adäquat trainiert werden. Ganz sicher werden die Kinder hier nicht ins Bett gehen und sagen, sie hätten ellenlang über das Thema Achtsamkeit gesprochen. Stattdessen hatten sie eine tolle Zeit mit Papa und haben doch etwas gelernt, was greifbar und umsetzbar ist.

Es sind die kleinen Schritte, die hier zum Erfolg und zu mehr Achtsamkeit auf allen Seiten führen. In der Einfachheit liegt, wie so oft im Leben, auch hier der Schlüssel.

Mit diesem Thema beschäftigt sich auch Nicole Morales, Gründerin von Achtsames Abenteuer. Sie hat eine Reihe an Tools erstellt (unter anderem ein Journal, sowie ein Kartenset), welche es für die Eltern erleichtert, das Thema Achtsamkeit mit wenig Aufwand in den Familienalltag zu integrieren. Mehr Infos unter Achtsames Abenteuer.

LG, Richard.

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Das Papammunity-Team

Hey, ich bin Richard, Vollblut-Papa und zusammen mit meiner Frau Maren, ausgebildete Sozialassistentin & Erzieherin sowie studierte Sozialpädagogin aktuell in der Jugendhilfe tätig, führen wir als Eltern eines Sohnes den Elternblog „Papammunity“.

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